Diese Projektvorstellung entstand in Kooperation mit BAUMEISTER.
Spielhöhle
Rundes ist in der Architektur rar, zumal im Holzbau mit seiner Stab- oder allenfalls Plattentektonik. Deshalb überrascht dieses Gebäude mit einer dichten Abfolge hölzerner Segmentbogendächer. Was vom Bautyp her an römische Langhäuser, eine Markthalle oder Gewächshäuser erinnert, dient hier als heimeliglabyrinthische Kita mit angegliedertem Bürgerzentrum.
Der neu angelegte Lahrer Bürgerpark nimmt in seiner Gestaltung Spuren einer römischen Siedlung an dieser Stelle auf. Deren Streifenstruktur inspirierte auch Stefanie und Stephan Eberding zu ihrem prämierten Wettbewerbsbeitrag für eine fünfgruppige Kita, in die auch ein Turn- und Versammlungsraum für das angrenzende Viertel integriert werden sollte. Das Ergebnis war ein kleinteilig-serielles Häuserhaus aus Holz. Die Architekten wollten an diesem Ort „keine städtebauliche Dominante schaffen, sondern das Thema des umgebenden Parks stärken“.
Ordnung in hölzernen Bögen
Kitas in kleine, überschaubare Einheiten zu gliedern, gilt zudem als kindgerecht. So ein Mini-Land in Holz umzusetzen, ist unter heutigen Kosten- und Energiesparbedingungen jedoch nicht ganz leicht. Den Eberdings gelang es aber, dafür eine innovative und zugleich historisch vertraut wirkende Konstruktion zu entwickeln.
Die sieben Streifen, zwischen 3,50 und 7,50 Meter breit, bedecken teppichartig das gesamte, 30 mal 70 Meter messende Baufeld, das nur an zwei Stellen von einem Hof unterbrochen wird. Abgestimmt auf das Raumprogramm gibt es drei Größen von räumlichen Modulen, die jeweils von vier Stützen markiert und von Bogenbindern aus Leimholz überspannt werden. Darauf sitzen teilvorgefertigte Deckenelemente mit sichtbaren, ziemlich mächtigen Sparren. Im Wettbewerb gab es hier noch eine elegantere monolithische Holzoberfläche. Auch die Ortgangbleche sind in der Ausführung leider „un-rund“ geraten. Die Architekten sprechen von enormem Kostendruck, betonen aber auch den robusten Werkstatt-Charakter ihrer Arbeit: „Wir mögen eine ruppige Bauweise.“
Bleibt indes der grundsätzliche Einwand, dass Tonnengewölbe aus dem Massivbau stammen. Holz zu krümmen entspricht nicht seiner linearen Struktur. Trotzdem ergeben Form und Material hier in der Kombination eine angemessene Lösung, auch der kritischen Knotenpunkte: „Uns war wichtig, vom Raum her eine Zentrierung zu schaffen. Das Spiel unterschiedlicher Spannweiten macht die Räume unverwechselbar“, erläutert Stephan Eberding. In Holz ist die durchweg unbehandelte Struktur komplett recyclebar.
Den Kindern gefällt das Höhlenartige der Räume. Unter dem Gewölbe der Gruppenräume ist sogar Platz für eine zweite Ebene. In der Mitte unter dem Bogen wird der Schall zwar verstärkt, das ist aber das Einzige, was die Erzieherinnen stört. Da der sehr tiefe Grundriss fast nur von Süden Tageslicht erhält, bleibt die breite multifunktionale Mittelzone etwas dämmrig. Mehr Oberlichter und die ursprünglich geplante Pfosten-Riegel-Verglasung der Hofseiten hätten dem abgeholfen.
Das Atrium am Eingang bildet so indes einen noch stärkeren, fast orientalischen Fokus. Es verbindet die Kita mit dem benachbarten kleinen Bürgerzentrum. Auch der Turnsaal ist von beiden Seiten zugänglich. So eine Mehrfachnutzung, die das Gebäude den ganzen Tag belebt, sollte es häufiger geben. Für das angrenzende Hochhausviertel mit Tendenz zum sozialen Brennpunkt ist dieses Angebot auf jeden Fall ein Gewinn.
Quelle: BM 12/20 - Bauen mit Holz Teil 3
Photos: Zooey Braun