Diese Projektvorstellung entstand in Kooperation mit BAUMEISTER.
In Bonn offenbart ein Bauwerk die ganze Dimension von architektonischem Ausdruck, ingenieurtechnischer Präzision und werkseitigem Vorfertigungsgrad, die einen modernen Holzbau heute auszeichnen. Die Deutsche Akademie für Internationale Zusammenarbeit (AIZ) wird als Seminar und Trainingszentrum für die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) genutzt. Die Architekten setzten ihre Vision eines Lernhauses mit Lernlandschaften um.
Forschung und Entwicklung zum Baustoff Holz haben im deutschsprachigen Raum die Möglichkeiten in Präzision, Durchsatz und Qualität in den letzten drei Dekaden kontinuierlich auf eine neue (Vorfertigungs-) Ebene gehoben. Dabei wurde der Bauprozess, geschützt vor Wind und Wetter, zunehmend in die Werkhallen verlegt und damit exakt kalkulierbar. Im Holzbaubetrieb wandern die 3D-Daten aus der CAD/CAM-Planung direkt in die CNC- und Anlagentechnik; dort überführen automatisierte Abbund- und Bearbeitungsstraßen die Materialeigenschaften des vorelementierten Holzes in jede denkbare, architektonische Idee, inklusive geschweifter oder gekrümmter Freiformen. Auch die Dämmung kommt inzwischen automatisch dazu. Auf der Baustelle werden dann die millimetergenau vorproduzierten und „just in time“ angelieferten Stützen und Träger, Wand-, Decken- und Dachelemente in Kurzzeit zum Bauwerk gerichtet.
Struktur ist Form ist Struktur
Eine umfängliche Verbindung dieser Holzbauqualitäten hat bei der neuen Akademie der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Bonn-Röttgen eine meisterliche Ausführung erfahren. Im Gebäude werden die Mitarbeiter auf ihre weltweiten Einsätze vorbereitet; das Darmstädter Büro Waechter und Waechter hat dazu das Grundprinzip lebenslangen Lernens in geometrische Formen übertragen, die zunächst an prähistorische Pfahlbauten aus der Stein- und Bronzezeit erinnern – zugleich aber auch vom Geist der Moderne zeugen. Ein mosaikartig aufgebautes Lerncluster bildet die Grundstruktur und will als gebauter Leitsatz Partizipation und Transparenz ermöglichen. Das durchgängige Ordnungsprinzip des Bauwerks, das rasch erfahr- und fassbar ist, vermittelt dabei Halt und Stärke. Die Architekten erweisen sich mit dieser Art Strukturalismus als Künstler der geometrischen Form, die im Werkstoff Holz eine konsequente Entsprechung gefunden hat.
Organischer Dreiklang
Der Holzbau gliedert sich in drei Teile: ein transparentes Erdgeschoss, darüber das mit außenliegenden Lamellen verschattete Obergeschoss und ein pyramidenähnlicher Dachabschluss. Dieser Dreiklang fügt sich unaufgeregt in die naturnahe Umgebung des angrenzenden Kottenforsts ein. Transparenz, Licht und ausgedehnte Holzoberflächen charakterisieren die 44 Schulungs- und Seminarräume. Das verglaste Foyer mit Café und Pausenbereich eröffnet das, was durch zahlreiche Lichtgauben im Dach vollendet wird. Zudem gewähren großflächige Verglasungen der einzelnen Lerneinheiten, die allseitig um zwei Innenhöfe gruppiert wurden, vielfältige Ein- und Ausblicke. Dabei wechseln sich variabel teilbare und geschützte Lernräume am Rand mit Freiräumen im Zentrum ab, die von Bücherregalen zurückhaltend zu Lerninseln zoniert werden.
Systematisierte Bauweise
Die wabenartige Holzbaustruktur der Akademie basiert auf lediglich zwei Rastern von 5,25 × 5,25 Metern und 3,50 × 5,25 Metern, die von einer Skelettkonstruktion aus Brettschichtholz (BSH) getragen wird. Dabei lagern die BSH-Träger von Dach und Decke auf geschosshohen BSH-Pendelstützen, die einen prägnanten, kreuzförmigen Querschnitt aufweisen. [...]
Quelle: BM 02/20 - Vorfertigung
Photos: Thilo Ross , Achim Birnbaum