Nördlich der »Weißen Stadt«, der ehemaligen Werksiedlung der Heinkel Flugzeugwerke aus den 30er Jahren, wird derzeit ein neues Wohngebiet entwickelt, das als Nachverdichtung dem starken Wachstum der Stadt Oranienburg Rechnung trägt. Im Rahmen dieser Strukturentwicklungsmaßnahme entstand direkt an der neuen Erschließungsstraße die Kindertagesstätte »Weiße Stadt« für 106 Kita- und Krippenkinder. Der zweigeschossige Holzständerbau ist auf dem spitzwinkligen Grundstück an der Straße ausgerichtet und zoniert so die ihn umgebenden Außenbereiche. Eine freistehende alte Eiche markiert nun den Mittelpunkt eines einladenden Vorplatzes mit Sitzgelegenheiten und verankert so den Neubau in der gewachsenen Struktur der Umgebung. Rückwärtig befindet sich ein großzügiger Garten mit einem differenzierten Angebot an Außenspielflächen.
Die Erscheinung des quadratischen Gebäudes wird maßgeblich von einem umlaufenden Laubengang bestimmt. Die zurückgesetzte Fassade enthält großzügige vertikal gegliederte Fensterflächen mit einer Rahmung aus hellem Holz und eine Außenhaut aus feingesägten, grau lasierten Lärchenholzleisten. In vorderer Ebene erzeugt dieselbe Lattung in variierender Dichte ein lebendiges Fassadenspiel. Die mehrschichtige Fassade erweitert die Gruppenräume auch funktional um zusätzliche, geschützte Spiel- und Bewegungszonen an der Nahtstelle zum Garten. Durch die Materialität der Fassade und die konsequent sichtbare Holzkonstruktion des Gebäudes wird dessen Fügung und natürliche Haptik für die Kinder erlebbar.
Im Inneren des Gebäudes befinden sich erdgeschossig die vier Gruppen des Krippenbereichs. Die älteren Kinder gelangen vom Foyer aus über die zentrale Treppe direkt ins Obergeschoss. Dort sind die sechs Gruppenräume der Kindertagesstätte paarweise nach dem Windmühlen-Prinzip um einen zentralen Kern angeordnet. Zwei Gruppenräumen ist jeweils ein gemeinsamer Nebenraum sowie ein Garderoben- und Sanitärbereich zugeordnet. Die farbige Gestaltung der Einbauten aus lasierten Mehrschichtplatten kennzeichnet die verschiedenen Gruppenbereiche und erleichtert so die Orientierung. Hierbei wurde die Farbauswahl bewusst gedeckt gehalten und verbindet sich mit der Erscheinung der sichtbaren Holzbauteile an Wänden und Decken. Es entsteht eine helle, warme und beruhigende Raumwirkung mit großzügiger natürlicher Belichtung.
In den Gruppenräumen schafft die mit dem Gebäude entworfene Möblierung ein abwechslungsreiches und vielfältig interpretierbares Angebot zur Aneignung durch die Kinder. Der Puppen- und Theaterraum bietet Anregungen für Rollenspiele, der Bastel- und Bauraum fördern gezielt die Kreativität und Nesträume bieten geschützte Bereiche und Rückzugsorte. Ergänzt wird dieses pädagogische Angebot durch einen großen Bewegungsraum sowie eine kindgerechte Küche zum gemeinsamen Kochen und Backen im Speisesaal.
Der bereits im Wettbewerbsverfahren als Holzbau vorgeschlagene Entwurf des Kindergartens wurde durch die Stadt Oranienburg sehr positiv aufgenommen, so dass die Kita gemeinsam als ein lokales Pionierprojekt für ökologisches und wirtschaftliches Bauen umgesetzt werden konnte. Die Tragkonstruktion aus Holzrahmenelementen mit Decken aus unterseitig sichtbaren Holzbalken wurde dank dreidimensionaler Planung aller Elemente und Anschlüsse komplett vorgefertigt und innerhalb weniger Wochen vor Ort aufgerichtet. Es wurde Wert auf die Verwendung ausschließlich einheimischer Hölzer verwendet, hier europäische Lärche und Eiche, Fenster und Türen bestehen aus Nadelholz. Außen- und Innenwände sowie das begrünte Dach sind mit Holzfasern gedämmt. Gegründet ist das Gebäude auf einer Bodenplatte aus Recyclingbeton mit einer unterseitigen Dämmung aus Schaumglasschotter.
Quelle: Knoche Architektur
Fotos: Simon Menges
Die Vorarbeit zu dieser Projektpublikation entstand im Rahmen der Baukonstruktionslehre im Seminar FASSADE 4.0 am FATUK der RPTU durch eine Studienarbeit von Daniela Faureanu.