Expertenwissen

Dachziegel

Dachziegel sind grobkeramische, kleinformatige Bauelemente aus Ton, Lehm und aus mit Wasser gefüllten Poren zum Eindecken geneigter Dächer. Das Ziegeldach kann aus unverfalzten, traditionellen Ziegeln, wie z.B. dem Biberschwanzziegel, oder aus modernen Falzziegeln, wie Flachdach-, Reform-, Glatt-, Doppelmuldenfalz- und Hohlfalzziegel hergestellt werden.

Mehr über Dachziegel

Je nach Regensicherheit der einzelnen Ziegelmodelle und Ausführung des Unterdaches sind verschiedene Dachneigungen möglich. Neben ihrer Funktion als äußerste Deckungsschicht des Daches haben die Dachziegel auch eine wichtige gestalterische Aufgabe. So kommen je nach architektonischem Konzept oder nach der Funktion eines Gebäudes unterschiedliche Deckungen in Frage. Ton und Lehm sind natürliche Ausgangsmaterialien. Dachziegel haben eine lange Nutzungsdauer, sind recycelbar und geben keine Schadstoffe ab, wodurch man sie zu den nachhaltigen Naturbaustoffen zählen kann. Sie sind farb-, frost-, UV- und säurebeständig sowie diffusionsoffen. Ziegel gibt es in vielen verschiedenen Formen, Größen und Farben, wodurch sich unterschiedlichste Gestaltungsmöglichkeiten ergeben.

Hinweise zur Planung

Regeldachneigung, Unterschreitung: Die Regeldachneigung (RD) kann unterschritten werden, wenn eine sogenannte Zusatzmaßnahme ausgeführt wird. Bis zu einer Unterschreitung der RD um 8° können Unterspannungen oder Unterdeckungen als Zusatzmaßnahme ausgeführt werden. Wird die Regeldachneigung um mehr als 8° unterschritten, muss mindestens ein regensicheres, bei mehr als 12° Unterschreitung ein wasserdichtes, Unterdach ausgeführt werden. Ein wasserdichtes Unterdach ist auch vorgeschrieben, wenn neben der Unterschreitung der Regeldachneigung noch mindestens zwei weitere erhöhte Anforderungen vorliegen. Als erhöhte Anforderung zählen z. B. auch besondere Dachformen, exponierte oder extreme Standorte oder örtliche Bestimmungen. Die genauen Definitionen und eine Tabelle zu den anzuordnenden Zusatzmaßnahmen sind der "Fachregel für Dachdeckung mit Dachziegel und Dachsteinen" vom ZVDH zu entnehmen.

Konterlattung: Die Hinterlüftungsebene unter der Ziegeldeckung beugt Schäden an der Ziegelunterseite durch Kondensat vor und verbessert den sommerlichen Wärmeschutz des Dachgeschosses. In der Regel werden für die Hinterlüftung Konterlatten in der Abmessung 30 x 50 mm eingebaut. Ab einer Konterlattungslänge von 12 m müssen Konterlatten mit 40 x 60 mm verwendet werden. Ab 18 m Länge liegt die geforderte Höhe bereits bei 50 mm. Für die genaue Bemessung der Belüftungsquerschnitte werden die Mindestlüftungsquerschnitte für belüftete Dächer aus dem „Merkblatt Wärmeschutz bei Dach und Wand“ des ZVDH verwendet.

Aber auch das Unterdach kann die Konterlattungsquerschnitte beeinflussen. Unterdeckungen und Aufdachdämmungen aus Holzfaserplatten haben eine geringere Festigkeit als z. B. eine Holzschalung. Ab bestimmten Plattenstärken müssen für die Befestigung der Konterlattung spezielle Nägel bzw. Schrauben verwendet werden, welche einen größeren Konterlattenquerschnitt erfordern. Die Hersteller der Unterdeckungen geben hierfür eigene Bemessungsrichtlinien an. Generell ist jedoch zu beachten, dass bei der Verwendung einer Unterdeckplatte z.B. aus Holzfaser die Konterlattung auf die Dicke von 40 mm (40 x 60 mm) erhöht werden sollte. Dadurch wird die ausreichende Befestigung der windsogbeanspruchten Traglatten bzw. Vollschalung gewährleistet. Andernfalls müssen Sondernägel wie z.B. Drall-, oder Gewindenägel verwendet werden.

Lattung: Die Traglattung (kurz Lattung) wird mit Drahtstiften auf die Konterlattung montiert und trägt die Dachdeckung. Der Abstand der Latten untereinander wird durch die gewählte Dachdeckung vorgegeben. In der Regel haben Traglatten einen Querschnitt von 30 x 50 mm (Sortierklasse S 10 nach DIN 4074-1). Ab einem Achsabstand der Konterlattung von mehr als 80 cm sind jedoch Latten mit 40 x 60 m zu verwenden (Sortierklasse S 10 nach DIN 4074-1). Bei Achsabständen über 1 m ist ein rechnerischer Nachweis erforderlich. Die genauen Bemessungen nach statischen Vorgaben sind in „Hinweise Holz und Holzwerkstoffe“ des ZVDH festgelegt.

Dachüberstände: Die Wahl des Dachziegels hat aufgrund unterschiedlicher Decklängen und -breiten erheblichen Einfluss auf die Dachüberstände. Diese sollten frühzeitig berechnet und abgestimmt werden.

Sanitär-Fallrohre: Die Sanitär-Fallrohre müssen über Dach geführt werden. Die dazugehörigen Durchgangspfannen sind so anzuordnen, dass unangenehme Gerüche nicht in nahegelegene Gauben oder Dachfenster eindringen können.

Sanierung / Renovierung: Bei Sanierungen oder Renovierungen sollte auf die Decklänge geachtet werden. Nicht alle Dachziegel sind auch als Verschiebeziegel erhältlich mit denen sich verschiedene Dachlängen ausgleichen lassen.

Firstausbildung: Der First kann entweder mit Firstanschlussziegeln oder als sog. Rollfirst ausgeführt werden. Firstanschlussziegel sind Flächenziegel mit einem besonderen Kopffalz, die in der obersten Ziegelreihe einer Dachfläche gedeckt werden und an die der Firstziegel anschließen kann.

Da es aber für manche Ziegeldeckungen keine Firstanschlussziegel gibt, wird hier der Rollfirst ausgeführt. Dabei wird eine Abdeckung (Firstrolle) aus Kunststoff und Aluminium mit Lüftungsöffnungen über den Frist gelegt bevor die Firstziegel gedeckt werden. Die Ausführung mit Firstrolle ist zwar etwas kostengünstiger als die Firstanschlussziegel, jedoch ist die Firstrolle ein Kunststoffelement, das auf die Dauer anfälliger bezüglich Witterungseinflüssen ist.

Einrichtungen für Schornsteinfegerarbeiten: Die gesicherte Zugangsmöglichkeit zum Schornstein, z.B. über Leiterhaken oder Trittstufen, muss bei der Planung mitberücksichtigt werden. Hierbei sind insbesondere die Festlegungen der DIN 18160-5 sind zu beachten. Die Norm enthält unter anderem Festlegungen zur Sicherung von horizontalen und vertikalen Verkehrswegen in Abhängigkeit von der jeweiligen Dachneigung, sowie zu Geländern, Ausstiegöffnungen und Standflächen am Kamin. Für diesbezügliche Abstimmungen kann auch der zuständige Kaminkehrer eingebunden werden.

Hinweise zur Bauausführung

Behelfsdeckung: Unterdeckungen dürfen nicht dauerhaft der Witterung ausgesetzt werden. Falls die Dachdeckung erst deutlich nach der Unterdeckung aufgebracht wird, ist auf die vom Hersteller angegebene Vorgabe der maximal zulässigen Bewitterungszeit zu achten. Bei einer zeitlichen Überschreitung der Vorgabe muss eine Behelfsdeckung aufgebracht werden.

Windsog-Sicherung: Die Windsog-Sicherung von Dachziegeln ist unter Berücksichtigung der DIN 1055-4 und der Fachinformation „Windsog“ des ZVDH auszuführen. Diese beschreibt die Befestigung der Dachziegel mit Sturmklammern zur Sicherung vor Sturmschäden in Abhängigkeit von der Gebäudehöhe, der Dachform (Sattel-, Walm- oder Pultdach) und der einzelnen Dachbereiche (Fläche, Ortgang, First, Grat, Kehle, Mansardenknick, Traufe, Walm). Art und Zahl der Sturmklammern werden durch Berechnungen gemäß dem Regelwerk des ZVDH festgelegt. Zusätzlich bieten die meisten Hersteller auf ihren Internetseiten Windsogberechnungs-Programme an.

Ersatzziegel: Einige zusätzliche Dachziegel sollten zum späteren Austausch bei Schäden auf Vorrat bestellt und eingelagert werden.

Verschmutzungen: Nach den Putzarbeiten der Fassade und vor Abbau des Gerüstes sollte die Dachdeckung auf Beschädigungen und Verschmutzungen überprüft werden. Auch die Lüftungsgitter sollten überprüft werden, da oft Verschmutzungen aus der Bauphase die Luftzufuhr der Hinterlüftungsebene einschränken.

Sicherheit: Der Bauherr ist verantwortlich für die Sicherheit auf seiner Baustelle, es sei denn, er hat hierfür einen externen Fachmann eingesetzt. Es ist auf eine ausreichend sichere Gerüststellung einschl. Dachdeckerfangschutz zu achten.

Normen und Literatur

DIN 18160-5, Abgasanlagen - Teil 5: Einrichtungen für Schornsteinfegerarbeiten - Anforderungen, Planung und Ausführung

DIN 18338, VOB-Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistung – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Dachdeckungs- und Dachabdichtungsarbeiten

DIN EN 1304, Dachziegel und Formziegel - Begriffe und Produktanforderungen

Deutsches Dachdeckerhandwerk: Regelwerk herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH)

Fachinformation Windlasten auf Dächern mit Dachziegel- und Dachsteindeckungen, herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH)

Quelle: bauwion