Ziegeldecken bestehen aus einer tragenden Stahlbeton-Struktur, deren Zwischenräume mit Ziegeln gefüllt sind. Sie zählen zu den Fertigteildecken, eingesetzt werden sie insbesondere im Wohnungsbau, Gewerbebau und in landwirtschaftlichen Gebäuden, aber auch in der Altbausanierung. Es gibt Ziegel-Elementdecken, die in großflächigen Elementen fertig auf die Baustelle geliefert werden und Ziegel-Einhängedecken, bei denen die Ziegelsteine vor Ort einzeln zwischen die tragenden Fertigteilträger aus Stahlbeton gesetzt werden.
Der Naturbaustoff Ziegel besitzt neben seinen guten Wärmedämmeigenschaften und seiner guten Ökobilanz auch die Fähigkeit, das Raumklima positiv zu beeinflussen. Er ist im Gegensatz zu Beton in der Lage überschüssige Luftfeuchte aus der Luft aufzunehmen und bei Bedarf wieder abzugeben.
Während die Stahlbetondecke in statischer Hinsicht klare Vorteile bietet, z.B. größere mögliche Spannweite, höhere Tragfähigkeit und besserer Schallschutz, bietet die Ziegeldecke den großen Vorteil des geringen Gewichtes. Gerade in der Altbausanierung werden daher Ziegel-Einhängedecken oftmals als Ersatz für Holzbalkendecken verwendet. Auch die begrenzte Tragfähigkeit bestehender Wände kann eine Stahlbetondecke ausschließen. Ebenso spricht der einfache Einbau ohne Hebegeräte, oft durch Fenster und in Eigenleistung, für Ziegel-Einhängedecken.
Während sich eine Ziegeldecke beim Neubau flexibel an die planerischen und örtlichen Gegebenheiten anpasst, kann es bei späteren Umbauten zu statischen Schwierigkeiten kommen. Ein nachträgliches Versetzen von Zwischenwänden ist stark erschwert, wenn die Ziegeldecke ohne statisch wirkende Aufbetonschicht oder ohne statisch mitwirkende Deckenziegel eingebaut wurde.
Tragwerksplanung: Standsicherheitsberechnungen werden nach Eurocode 2 durchgeführt, zusätzlich gelten die bauaufsichtlichen Zulassungen der Stahlbetonträger. Fertigteilwerke erstellen die statischen Berechnungen in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Tragwerksplaner des Gebäudes. Die Decke wird mit Montage- und eventuell Bewehrungsplan für eine Aufbetonschicht angeliefert. Durch die von der Arbeitsgemeinschaft Ziegeldecke erstellten Tragfähigkeitstabellen für Ziegel-Elementdecken und Ziegel-Einhängedecken können bereits im Vorfeld, z.B. durch den Architekten, einfache Vordimensionierungen vorgenommen werden.
Installationsleitungen: Installationsleitungen werden eher selten innerhalb von Ziegeldecken verlegt. Üblich sind Leerrohre für Elektro, Datenleitungen, Heizungsleitungen etc. oberhalb der Decke in der Trittschalldämmung oder im Estrich, oder in einer angehängten Decke unterhalb der Ziegeldecke. Eine Verlegung in einer dickeren Aufbetonschicht oder in einer Vergussfuge ist grundsätzlich ebenfalls denkbar, muss aber vom Tragwerksplaner freigegeben werden. In Spannrichtung ist eine Leitungsführung auch entlang der durchgehenden Hohlräume der Deckenziegel möglich.
Lasten an der Deckenunterseite: Es besteht die Möglichkeit, abgehängte Decken oder andere Lasten unterseitig an einer Ziegeldecke zu befestigen, allerdings sollten diese Lasten bereits frühzeitig in die Planung einbezogen werden. Während einige Hersteller eine Befestigung im Deckenträger nur mittig mittels Spreizdübel zulassen, ist bei anderen auch eine Befestigung an Metallbändern möglich, die bei Einhängedecken während des Einbaus von oben über die Träger gestülpt werden und nach unten aus der Decke ragen.
Bei Befestigungen im Deckenziegel verwendet man im Allgemeinen Injektionsdübelsysteme. Deren Belastbarkeit liegt im Bereich von ca. 30 kg (knapp 0,3 kN als Punktlast). Der Planer sollte sich in jedem Fall im Vorfeld mit dem jeweiligen Deckenhersteller abstimmen.
Brandschutz: Ziegel ist, wie auch Stahl und Beton, ein nicht brennbarer Baustoff der Klasse A1 gem. DIN EN 13501-1. Eine Ziegeldecke bietet somit bei ausreichender Dimensionierung und Betondeckung beste Voraussetzungen für einen optimalen Brandschutz, siehe hierzu Lexikonbeitrag Brandverhalten, Klasse nach DIN EN 13501-1. Auch in den technischen Datenblättern machen die Hersteller Angaben zur Feuerwiderstandsfähigkeit des Gesamtbauteils.
Schallschutz: Die Schutzziele in Bezug auf den Schallschutz müssen zwischen Planer und Bauherr vorab festgelegt werden, da mehrere Regelwerke nebeneinander existieren. Vor allem in Wohngebäuden mit mehreren Einheiten gelten nach dem Stand der Technik hohe Anforderungen, die insbesondere die Schallübertragung zwischen den Einheiten betreffen, also auch die Übertragung über Zwischendecken. Die DIN 4109 regelt dabei den absoluten Mindeststandard, der heutzutage aber als überholt gilt. Planer sollten die erhöhten Werte nach DIN 4109 Beiblatt 2 bzw. die VDI-Richtlinie 4100 als Mindeststandard zu Grunde legen. Zur Orientierung kann auch die DEGA-Empfehlung 103 herangezogen werden, die von der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. erstellt wurde, um den Schallschutz mittels Einteilung in Schallschutzklassen (unabhängig von der Gebäudebauweise) über die bindenden Normen hinaus zu verbessern.
Der Schutz gegen Luftschall steigt mit der Zunahme der flächenbezogenen Masse einer Deckenplatte, welche durch Stärke und Rohdichte eines Bauteils festgelegt ist. Da der Baustoff Ziegel in der Schalldämmwirkung hinter dem von Stahlbeton zurückliegt, erhöht sich der Dämmwert mit der Erhöhung des Stahlbetonanteils bzw. mit Einbringen einer Aufbetonschicht. Zur schalltechnischen Entkopplung über die Seitenwände ist im Auflagerbereich unter und über der Ziegeldecke jeweils z.B. eine Lage Bitumenpappe vorzusehen.
Eine Verbesserung der Trittschalldämmung wird über die Erhöhung der flächenbezogenen Masse kaum erreicht. Eine zweischalige Konstruktion ist in dieser Hinsicht weit wirkungsvoller. Besonders effektiv als zweite Schale ist der schwimmende Estrich. Er ist durch Trittschalldämmung und Randdämmstreifen schalltechnisch von der Decken- und Wandkonstruktion entkoppelt, siehe hierzu bauwion-Seite ►400 | Baustellenestriche.
Im Allgemeinen geben die Hersteller von Ziegeldecken genaue Informationen zu Schalldämmmaß R’w und Normtrittschallpegel L’n, w ihrer Produkte.
Wärmeschutz: Ziegeldecken, die beheizte Innenräume gegen Außenräume abtrennen (z.B. Durchfahrten, Flachdach), müssen nach Energieeinsparverordnung gedämmt werden. Da Ziegeldecken immer in Verbindung mit Stahlbetonbauteilen hergestellt werden, ist dabei in der Regel eine zusätzliche Wärmedämmung notwendig, um Wärmebrücken zu vermeiden.
Bei Decken gegen Räume, die in der Berechnung als unbeheizt berücksichtigt oder nicht innerhalb der Systemgrenze des beheizten Gebäudevolumens liegen (z.B. unbeheizter Keller oder Dachraum), muss geprüft werden, ob der Dämmwert der Decke ausreichend ist, da sonst Tauwasseranfall nicht ausgeschlossen werden kann.
Nur bei gut durchlüfteten Räumen ober- und unterhalb der Decke (z. B. zwei Ebenen einer offenen Tiefgarage) und bei Decken, die ausschließlich beheizte Räume voneinander trennen, kann auf eine Wärmedämmung verzichtet werden.
Eine Ziegeldecke kann den Querschnitt einer Außenwand mindern, wenn diese als Auflager dient. Durch den Vergussanteil am Deckenrand können hier Wärmebrücken entstehen, die dann durch Einlage von Dämmstreifen ausgeglichen werden müssen.
Ökologie: Ausgangsmaterialien zur Herstellung von Ziegeln sind tonhaltige Lehme und Wasser, also natürliche Materialien ohne Beimengung von chemischen Zusätzen. Der Energieeinsatz zur Herstellung ist relativ gering, die Entsorgung unproblematisch. Somit weisen Ziegel in ihrer ursprünglichen Form eine gute Ökobilanz auf. Bei der Gesamtbeurteilung einer Ziegeldecke ist jedoch der Stahlbetonanteil mit zu berücksichtigen.
Sonderformen:
Ziegel-Klimadecke: Die Klimadecke zählt zu den Ziegel-Elementdecken. Die Deckenunterseite fungiert als Abstrahlfläche von Kälte oder Wärme für den darunter liegenden Raum. Die Heiz- bzw. Kühlleitungen werden in die speziell geformten Deckenziegel integriert. Sie liegen direkt unter dem Deckenputz und sind nach Bedarf regelbar.
Ziegelmassivdach: In bauphysikalischer und baubiologischer Hinsicht bietet ein Ziegelmassivdach die Vorteile einer Ziegelwand, wobei gerade unter dem Dach die gute Wärmespeicherfähigkeit, Wärme- und Schalldämmung hervorzuheben sind, um die Qualität des darunterliegenden Wohnraums zu erhöhen. In statischer Hinsicht ist das Ziegelmassivdach als Variante der Ziegelelementdecke oder der Ziegel-Einhängedecke zu verstehen. Die Dachelemente werden entweder in Sparrenbauweise (Spannrichtung von First zu Traufe) oder Schottenbauweise (Spannrichtung parallel zum First) eingesetzt. Die Hersteller von Ziegeldächern sind auf die Herstellung aller gängigen Dachformen inkl. der zugehörigen Sonderformen eingestellt, wie z. B. Gauben.
Ziegel-Holzbalkendecke: Eine Variante der Ziegel-Einhängedecke ist die Ziegel-Holzbalkendecke, bei der die Stahlbetonträger durch Holzbalken ersetzt werden. Während die Deckenuntersicht durch eine sichtbare Balkenlage weitere Gestaltungsmöglichkeiten erhält, erfährt die Ziegeldecke durch die Verwendung des Materials Holz und aufgrund von weitgehender Vermeidung von Stahlbeton eine zusätzliche ökologische Aufwertung.
Montage von Ziegeldecken: Fertigteilelemente werden im Werk nach eingereichten Ausführungsplänen und Statik gefertigt. Bei der Anlieferung auf die Baustelle wird üblicherweise ein Verlegeplan mit detaillierter Montageanleitung mitgeliefert.
Bis zum Einbau müssen sämtliche Deckenauflager durch Vermörtelung in exakter Höhe erstellt und voll tragfähig sein. Wichtig ist hierbei auch die Ebenheit und Sauberkeit der Auflager, um eine vollflächige Auflage der Elemente zu ermöglichen. Eine Lage Bitumenpappe dient als Zwischenlage. Ziegel-Elementdecken benötigen in der Regel keine Montageunterstützung. Nur im Bereich von Unterzügen, Rolladenkästen und Stürzen ist die Decke mit Randjochen zu unterstützen. Bei Einhängedecken ist eine linienförmige Montageunterstützung notwendig. Die Art und Lage der Montageunterstützung ist in der Montageanleitung angegeben.
Die Elemente werden mit Kran oder Autokran meist ohne Zwischenlagerung auf die vorbereiteten Auflager gehoben. Decken ohne Aufbetonschicht sind sofort betret- und belastbar, mit dem Verguss der Einzelelemente kann unmittelbar begonnen werden. Umlaufende Ringanker o. ä. werden im selben Arbeitsgang mitvergossen. Bei Decken mit Aufbetonschicht muss vor dem Betonieren der Aufbetonschicht gegebenenfalls eine Oberbewehrung eingebracht werden.
Bewehrung: Bei Fertigteildecken wird die Bewehrung bereits im Fertigteilwerk eingebaut und überwacht. Beim Verguss der Fugen, Unterzüge und Ringanker vor Ort kann ein Einbringen von zusätzlichen Bewehrungsstäben laut Montageplan bzw. Statik notwendig sein. Ebenso ist das Einbringen von oberer Bewehrung bei Decken, die eine starke Aufbetonschicht benötigen, gefordert. Beim Einbau dieser Bewehrung auf der Baustelle ist auf die Einhaltung der geforderten Betondeckungen zu achten. Andernfalls kann die Bewehrung im Laufe der Jahre korrodieren und das Bauwerk im Extremfall (z. B. im Brandfall) seine statischen Anforderungen nicht mehr erfüllen.
Fugenverguss / Aufbetonschicht: Ziegelfächen, die mit dem Beton in Kontakt kommen, sind unmittelbar vor dem Einbringen des Betons gut vorzunässen. Im Anschluss ist der angelieferte oder vor Ort hergestellte Beton schnellstmöglich einzubauen. Dabei muss verhindert werden, dass Hohlräume im Bauteil entstehen. Dies wird durch Rütteln, Stampfen oder Stochern verhindert. Erfolgt dies zu lange, besteht allerdings die Gefahr einer Entmischung. Dies zeigt sich durch die Bildung einer wässerigen Schlämmschicht an der Oberfläche.
Der Beton sollte bei tiefen Fugen und stärkeren Schichten immer lagenweise eingebracht werden. Auch darf der Einbau nicht aus Fallhöhen von mehr als zwei Metern erfolgen.
Bei extremen klimatischen Bedingungen wie Hitze (über 30°C) oder Frost (unter -5°C) darf ohne geeignete Zusatzmaßnahmen nicht betoniert werden.
DIN 488-2, Betonstahl – Betonstabstahl
DIN 488-3, Betonstahl in Ringen, Bewehrungsdraht
DIN 1045-2, Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1
DIN 1045-100, Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 100: Ziegeldecken
DIN 4109, Schallschutz im Hochbau; Anforderungen und Nachweise
DIN 4109 Beiblatt 2, Schallschutz im Hochbau; Hinweise für Planung und Ausführung; Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz; Empfehlungen für den Schallschutz im eigenen Wohn- oder Arbeitsbereich
DIN 4159, Ziegel für Ziegeldecken und Vergusstafeln, statisch mitwirkend
DIN 20000-129, Anwendung von Bauprodukten in Bauwerken, Teil 129: Regeln für die Verwendung von keramischen Zwischenbauteilen nach DIN EN 15037-3
DIN EN 206, Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität
DIN EN 1992-1-1, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau
DIN EN 1992-1-1/NA, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau
DIN EN 1992-1-1/NA/A1, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Änderung 1
DIN EN 1992-1-2, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für den Brandfall
DIN EN 1992-1-2/NA, Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-2: Allgemeine Regeln - Tragwerksbemessung für den Brandfall
DIN EN 13501-1, Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten
DIN EN 15037-1, Betonfertigteile - Balkendecken mit Zwischenbauteilen - Teil 1: Balken
DIN EN 15037-3, Betonfertigteile - Balkendecken mit Zwischenbauteilen - Teil 3: Keramische Zwischenbauteile
►Arbeitsgemeinschaft Ziegeldecke im Güteschutz Ziegelmontagebau e.V.
►DEGA-Empfehlung 103: „Schallschutz im Wohnungsbau – Schallschutzausweis“
Quelle: bauwion